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Haftung für Falschbetankung – E 10 und andere Kraftstoffe

Die Diskussion rund um E 10 hat bei vielen Mitgliedern Fragen und Zweifel rund um das Thema „Haftung für Falschbetankung“ ausgelöst. Tatsächlich geben sich viele der Auffassung hin, dass eine Haftung des Unternehmers für solche Falschbetankungen seitens der Kunden bestehe. Dies ist aber nach einer Reihe von jüngst entschiedenen Verfahren nicht der Fall.

 Das Oberlandesgericht Hamm hat am 10.11.2008  entschieden, dass das eine solche Haftung grundsätzlich nicht besteht. Im zugrunde liegenden Fall betankte der spätere Kläger sein Auto an einer Tankstelle versehentlich mit Superbenzin statt mit Dieselkraftstoff. Dies führte bei der Weiterfahrt zur Zerstörung des Motors und zur Beschädigung von Aggregaten, die für die Kraftstoffversorgung erforderlich sind. Der Tankkunde hatte sich darauf berufen, dass die Anordnung der Zapfschläuche bzw. der Kraftstoffsorten ihn verwirrt hätten.

 Das Oberlandesgericht stellte klar, dass Dritte in der Regel nur vor den Gefahren geschützt werden müssen, die sie selber, „§ausgehend von der sich ihnen konkret bietenden Situation bei Anwendung der von ihnen in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden können“.

 Dieser Programmsatz des Urteils führte im vorliegenden Fall dazu, dass eine Haftung vernein wurde. Die Zapfsäulen und Zapfschläuche waren eindeutig gekennzeichnet. Sie waren über den Säulenköpfen, auf den Säulen selber und nicht zuletzt auf den Zapfpistolen eindeutig gekennzeichnet. Eine Verwechselung war aufgrund der mehrfachen Kennzeichnung Sicherungen ausgeschlossen. Selbst wenn der Kunde durch die verschiedenen Namen möglicherweise verwirrt war, konnte er durch die eindeutig angebrachten DIN-Aufkleber die Produkte richtig zuordnen. Darüber hinaus, sozusagen als „letzte Instanz“ informierte der Aufkleber auf der Zapfpistole noch einmal über die Eigenschaft des Produkts. Diesen Aufkleber habe der Kunde gebrauchsbedingt mindestens bei Beginn und beim Ende des Betankungsvorganges im Blick. Durch diese vielfältigen Hinweise, so das Gericht, sei eine Haftung für Falschbetankungen ausgeschlossen.

(Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 10.11.2008, - 2 U 155/08)

Bei dieser Linie ist das OLG Hamm im Jahre 2010 geblieben. Hier hat es den Tankstellenbetreiber aber zu Schadensersatz verurteilt. Grundlage für das Schadensersatz zusprechende Urteil war aber die Tatsache, dass ein Mitarbeiter einer Tankstelle das Kundenfahrzeug betankt hatte.  Das Gericht hat in diesem Fall eindeutig festgestellt, dass sich ein Tankstellenkunde kein Mitverschulden an der Entstehung eines Motorschadens wegen einer Falschbetankung durch einen Tankstellenmitarbeiter anrechnen lassen muss. (OLG Hamm, Urt. v. 22.10.2010 - I-19 U 85/10).

Auch das Landgericht München hat mit Urteil vom 22.12.2009 einen Tankstellenbetreiber zum Schadensersatz in Bezug auf die Folgen einer Falschbetankung verurteilt. Hier hatte der Autofahrer sein Fahrzeug ebenfalls den Mitarbeitern der Tankstelle anvertraut. Der Tankkunde dürfe davon ausgehen, dass die Mitarbeiter einer Tankstelle ein Fahrzeug mit der korrekten Kraftstoffsorte betanken würden. Tun sie dies nicht, so muss der Tankstellenbetreiber für seine Mitarbeiter einstehen.

(Landgericht München, Urteil vom 22.12.2009 – Az. 13 S 5962/ 09).

 Für die Zeit vor und nach der Einführung von E 10 an der Tankstelle gilt daher, dass Fehlbetankungen durch Kunden nicht zu Lasten des Tankstellenbetreibers gehen. Um dabei zu bleiben, muss der Tankstellenbetreiber allerdings seine Sorgfaltspflichten höchst ernst nehmen. Dazu gehört eine einwandfreie Kennzeichnung der Produkte sowohl auf der Säuleninsel, der Säule und zuletzt auf der Zapfpistole.  Die Kenzeichnung muss eindeutig und unverwechselbar sein. Hierzu gehören gültige DIN-Aufkleber, exakte und eindeutige Produktbezeichnungen. Ist dies der Fall, liegt die Gefahr eindeutig beim Kunden. Dies ist nicht zuletzt ein Ausfluss der sogenannten „Selbstbedienung“ an Tankstellen. Nur der Kunde weiß, welchen Kraftstoff er benötigt. Wenn er Hilfe braucht, muss er dies vorher sagen und entsprechend veranlassen.

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