Aufbau von Ladeinfrastruktur an mittelständischen Tankstellen

Die Notwendigkeit einer vollständigen Defossilisierung stellt die deutsche Wirtschaft vor große finanzielle und soziale Herausforderungen. Damit die ambitionierten Reduktionsziele erreicht werden können, muss der Wandel gerade im Mobilitätssektor von starken Partnerschaften getragen werden. Die konzernunabhängigen Tankstellenunternehmer stehen der Politik als engagierter Partner zur Verfügung, damit die Transformation erfolgreich gelingen kann.

Ohne die mittelständischen Tankstellenbetreiber wird es keinen erfolgreichen Aufbau der Ladeinfrastruktur geben. Denn der Kunde kennt die Tankstelle und sucht dort nach Lademöglichkeiten. Allerdings sehen sich die freien Tankstellen beim Aufbau von Ladeinfrastruktur erheblichen Herausforderungen entgegengestellt. Dazu unsere politischen Forderungen (I.). Die Rahmenbedingungen an mittelständischen Tankstellen bieten alles, was es für einen erfolgreichen Aufbau von Schnellladeinfrastruktur braucht (II.). 

I. bft-Forderungen zur Stärkung des Aufbaus von Schnellladeinfrastruktur

  • Chancengleichheit bei der Herstellung von Netzanschlüssen:
    Wir fordern die Politik auf, unbedingt für Chancengleichheit bei der Herstellung von Netzanschlüssen zu sorgen. Standorte, die aus Sicht von E-Mobilisten dringend gebraucht werden, können von den freien Tankstellenunternehmern aufgrund übergroßer Kosten für den Netzanschluss nicht wirtschaftlich ertüchtigt werden. Diese strukturelle Benachteiligung durch für mittelständische Tankstellenunternehmer unbeeinflussbare Standortbedingungen findet in den aktuellen Förderprogrammen zum Aufbau von Ladeinfrastruktur keine Berücksichtigung.
  • Aufbau von Schnelladeinfrastruktur zielführend fördern:
    Die derzeitige Förderpolitik hat sich aus Sicht der freien Tankstellen bisher nicht als zielführend herausgestellt. Eine zielführendere Förderung beim Ausbau des Leitungsnetzes und der Netzanschlusskosten ist für eine Einbeziehung der konzernunabhängigen Tankstellen unerlässlich. Das Förderprogramm „Ladeinfrastruktur vor Ort“ geht zwar in die richtige Richtung, ist aber auf 50kWh-Ladesäulen beschränkt. Wir fordern daher eine hundertprozentige Förderung der Anschlusskosten.
  • Diskriminierungsfreier Zugang bei der Vergabe von Fördermitteln:
    Notwendig ist ein diskriminierungsfreier Marktzugang für die freien Tankstellen, insbesondere bei der Vergabe staatlicher Fördermittel. Wie jüngst auch vom Bundeskartellamt festgestellt, ist dies derzeit nicht der Fall. Bei der Vergabe von Fördermitteln für das sog. „Deutschlandnetz“ konnten die freien Tankstellen aufgrund der Losgrößen und Zuschnitte nicht partizipieren.
  • Fairen Wettbewerb gegenüber den großen Marktteilnehmern gewährleisten:
    Als problematisch hat sich häufig auch herausgestellt, dass die Stromlieferanten und Netzwerkbetreiber gleichzeitig Charge Point Operator und damit unmittelbarer Wettbewerber beim Aufbau der Ladeinfrastruktur sind. Mittelständler können ihre Vorhaben somit häufig nicht realisieren: Sie verlieren häufig Ihre Förderzusagen mangels Zusagen für Stromlieferungen.
  • Beschleunigte Förder- und Baugenehmigungsverfahren:
    Wir fordern die Beschleunigung von Förder- und Baugenehmigungsverfahren.
  • Preistransparenz herstellen und Preisauszeichnungspflicht einführen:
    Des Weiteren fordern wir die Preistransparenz an Stromtankstellen durch eine Pflicht zur Preisauszeichnung. Der derzeit existierende undurchschaubare Vertragstarifdschungel droht das Vertrauen der Verbraucher in Elektromobilität nachhaltig zu beeinträchtigen.
  • Förderfähigkeit von geleaster Hardware einführen:
    Die aktuellen Förderrichtlinien sollten dergestalt geändert werden, dass auch geleaste Hardware förderfähig ist.

II. Warum die mittelständische Tankstelleninfrastruktur geeignet für den Aufbau von Ladeinfrastruktur ist

  • Die mittelständischen Tankstellen bieten bereits in der heute bestehenden Tankstelleninfrastruktur eine ausgereifte und qualitativ hochwertige Aufenthaltsqualität. E-Mobilisten finden eine Aufenthaltsqualität dieser Art und Güte in der heutigen Ladeinfrastruktur nicht vor. Vielerorts fehlt es an Beleuchtung, Betreuung durch Personal vor Ort, Gastronomie oder sauberen sanitären Einrichtungen. Diese Einrichtungen gehören bei unseren Tankstellen zum etablierten Standard.
  • Defekte Säulen an unbewirtschafteten Standorten werden zu langsam repariert. E-Mobilisten erfahren bei Handhabungsproblemen mit der Stromtanktechnik keine adäquate Unterstützung.
  • Tankstellen haben sich bereits als natürlicher Anlaufpunkt für Mobilitätsbedürfnisse bewährt. Die heutigen E-Mobilisten suchen an der Tankstelle nach Lademöglichkeiten.
  • Mittelständische Tankstellenunternehmer haben per se ein Interesse an bestmöglicher Erfüllung der Kundenbedürfnisse; eine hohe Kundenbindung und Kundennähe ist daher bereits vorhanden.
  • Tankstellen verfügen bereits über eine hohe Kompetenz im Betrieb von kritischen Infrastrukturen und können diese bei der E-Mobilität mit einbringen.
  • Mittelständische Tankstellen verfügen gerade innerstädtisch über Flächen, die besonders verkehrsgünstig gelegen sind und durch lange Öffnungszeiten und vielfältige Dienstleistungen einen hohen Mehrwert gegenüber unbewirtschafteten Ladestandorten bieten, gerade auch dort, wo Menschen nicht über Lademöglichkeiten im Privateigentum verfügen.
  • Tankstellen übernehmen mit der bestehenden Tankstelleninfrastruktur de facto bereits einen Versorgungsauftrag für die Wirtschaft und die Zivilbevölkerung, der der öffentlichen Daseinsvorsorge gleichkommt.
  • Die Stärkung von mittelständischen Tankstellen als Ladestandort bietet für die Politik die Chance, in der Bereitstellung von Schnellladeinfrastruktur eine Dienstleistungsqualität und Zuverlässigkeit zu erreichen, wie sie die Bestandsinfrastruktur für Kraftstoffe seit Jahrzehnten auszeichnet.
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