Ziegers Zeilen (KW 40)
Startschuss für eine weitere E-Fuels-Anlage
In Leuna hat es einen weiteren Startschuss für eine E-Fuels-Anlage gegeben. Bundesverkehrsminister Volker Wissing war als Repräsentant der Bundesregierung beim Spatenstich für die weltweit größte Forschungsanlage vor Ort. 130 Millionen Euro gibt der Bund bei dieser Anlage dazu. Die Deutsche Gesellschaft für Luft und Raumfahrt (DLR) ist der Betreiber. Zweck der Anlage ist es, weitere Technologien zur Reduzierung des fossilen CO2-Ausstoßes auszuprobieren. Zusätzlich gebe es, so die DLR, die Möglichkeit, die chemische Zusammensetzung der Kraftstoffe so zu optimieren, dass beim Verbrennungsprozess beispielsweise kein Ruß oder Feinstaub mehr entstehe.
In der vergangenen Woche berichteten wir kurz über den positiven Abschluss des Projekt der Firma Synhelion. Schon alleine der Name ist Programm. Helios ist der Sonnengott der alten Griechen. Die Sonne selbst. Bei Synhelion nutzt man über Spiegel das Sonnenlicht zu Erzeugung von ausreichender Prozesswärme – Tag und Nacht! – zur weiteren Erzeugung von E-Fuels oder – so wie Synhelion sie bezeichnet – von Synfuels. Nachdem die Anlage in Jülich läuft, wird der nächste Schritt geplant. Jetzt arbeiten die Empa-Forscher an der Weiterentwicklung der Ziegel für die nächste größere Anlage, die ab 2025 in Spanien gebaut werden soll.
In der Online-Zeitschrift ingenieur.de wird das Projekt wie folgt beschrieben: „Syngas ist Ausgangsmaterial für eine breite Palette an Treibstoffen und Heizöl. In etablierten Gas-to-Liquid-Verfahren können Kerosin, Benzin, Diesel, Methanol, Heizöl und andere Kohlenwasserstoffe hergestellt werden, oder auch Syncrude, das dem Erdöl ähnelt, aber reiner ist. Vorteil dieses Verfahrensschritts: Die existierenden Raffinerien, die auf die großtechnische und kostengünstige Veredelung von Erdöl spezialisiert sind, könnten diese Aufgabe übernehmen, sodass teure Neubauten überflüssig würden. Bei der Verbrennung der Treibstoffe wird nur so viel CO2 frei wie zuvor bei der Produktion aus der Luft entnommen worden ist.“
Der zunächst schmale Pfad für E-Fuels wird immer breiter. Jetzt müsste man springen. Damit ein Strom daraus wird. Die Politik braucht Mut. Zumal die Elektromobilität lahmt. Darüber geraten die Klimaziele in Gefahr. Das hatten wir oft geschrieben. Also springen bitte.
Jetzt hat sich auch das Kartellamt gemeldet. Auch hier hat man untersucht und geschlussfolgert. Nicht nur Stromer sind teuer. Der Strom auch. Und der Wettbewerb ist abgemeldet. Allerdings am Ende mit einer verblüffenden Feststellung. Aber von Anfang an: „Kartellamt deckt Marktmacht bei Ladesäulen auf“ titelte beispielsweise der Onlinedienst „Golem.de“ in der abgelaufenen Woche. Tatsächlich hat sich das Kartellamt in einer umfangreichen Studie dem Thema Ladeinfrastruktur gewidmet. Golem schreibt weiter: „Die Untersuchung zeigt nach Angaben der Behörde, dass in vielen Städten und Kommunen geeignete öffentliche Flächen für Ladesäulen überwiegend oder ausschließlich an kommunale Stadtwerke oder einzelne Anbieter vergeben wurden.“
Den Vorwurf kennen wir. Und wir sind keine Besserwisser, wenn wir darauf hinweisen, dass der bft dies schon vor anderthalb Jahren so beschrieben hat. Fairen Wettbewerb hatten wir damals gefordert. Im „E-Fahrer“ lesen wir über einen „Missstand“: „Der Wettbewerb bei der Versorgung mit Ladestrom funktioniert vielerorts nicht richtig. Zahlreiche Städte und Kommunen haben geeignete öffentliche Flächen für Ladesäulen überwiegend oder sogar ausschließlich an das eigene kommunale Stadtwerk oder einzelne Anbieter vergeben“, erklärt Mundt und fügt hinzu: „Das hat jetzt unmittelbar zur Folge, dass es in vielen lokalen Märkten nur sehr wenige Anbieter von Ladesäulen und Ladestrom gibt.“ In weiteren Veröffentlichungen wird beschreiben, dass die Konzentration einzelner Anbieter sei in einigen Bereichen so groß sei, dass „marktbeherrschende Stellungen“ entstehen.
Deprimierend die Schlussfolgerung in der Online-Ausgabe des Spiegel. Die Bonner Behörde kommt in ihrer Sektoruntersuchung zu dem Schluss, dass diese Situation vermeidbar gewesen wäre. Doch „zahlreiche Städte und Kommunen haben geeignete öffentliche Flächen für Ladesäulen überwiegend oder sogar ausschließlich an das eigene kommunale Stadtwerk oder einzelne Anbieter vergeben“, erklärte Mundt.
Wer mag kann die vielen Beiträge dazu lesen. Bei den von der „Tank & Rast“-Gruppe betriebenen Autobahnraststätten sieht das Kartellamt die Gefahr, dass Ladesäulen nur an einige wenige Anbieter vergeben werden. So kann eine Wettbewerbsverzerrung entstehen, die letztlich zu überhöhten Preisen an den Ladesäulen führt. An den nicht bewirtschafteten Plätzen an der Autobahn dagegen funktioniert der Wettbewerb.
Aber machen will das Bundeskartellamt nichts. Anlass, um in der Breite kartellrechtlich einzugreifen, sieht das Kartellamt dennoch nicht: „Ein kartellbehördliches Einschreiten kann nur von Einzelfall zu Einzelfall geprüft werden.“ Für Verbesserungen brauche es hingegen „Anpassungen des gesetzlichen Ordnungsrahmens.“ Ein weiteres Zitat: „Regulatorische Eingriffe (…) können die Wirtschaftlichkeit privater Ausbauprojekte in Frage stellen, Angebote verdrängen und den angestrebten Ausbau der Ladeinfrastruktur sogar hemmen.“
Ob da der Gesetzentwurf über die Zwangssäule der richtige Ansatz ist, darf bezweifelt werden. Denn im Ansatz wird vielfach mittelständischen Anbietern, die trotz der Missverhältnisse auf dem Markt der Ladeinfrastruktur die Investition gewagt haben, die Möglichkeit genommen, ihre Anlagen wirtschaftlich zu betreiben.
Vielleicht geht ja was, wenn diejenigen, die über den Entwurf beschließen müssen, sich mal beim Kartellamt umhören und Fragen, was es mit den „Anpassungen des gesetzlichen Ordnungsrahmen“ auf sich hat.
Ein paar schöne Herbsttage wünschen wir von hier aus. Und schauen Sie sich die Stellungnahmen von bft und dem übrigen Mittelstand zum Gesetz über die Zwangssäule noch einmal an. Hier geht's zur Stellungnahme des bft.
Schönes Wochenende
Stephan Zieger