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Verkehrssicherungspflichten: SB-Waschboxen in der Winterzeit

„Jetzt, wo der tolle Sommer zu Ende ist, beschäftigt uns in Vorbereitung der Wintersaison eine ganz wichtige Frage. Wir haben neue SB­-Waschplätze, die im Sommer ein gutes Geschäft brachten. Das wollen wir gerne auch für den Rest des Jahres und darüber hinaus beibehalten. Ein Mitarbeiter hat uns nun bei der wöchent­lichen Besprechung darauf hingewiesen, dass wir im Winter für eine permanent eisfreie Fläche rund um die Selbstwaschboxen sorgen müssen. Ist das wirklich Gesetzesvorschrift?“

 

Stephan Zieger: „Die Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten, wie es den Anschein hat. Die Rechtsprechung der oberen Gerichte zum Thema Verkehrssi­cherungspflichten im Winter ist vielfältig. Dennoch gibt es eine einheitliche Grund­ linie. Wer einen Verkehr eröffnet, hat dafür zu sorgen, dass diejenigen, die sich dort erlaubt aufhalten, nicht zu Schaden kommen. So muss man im Winter dort streuen (und auch Schnee räumen), wo sich Kunden aufhalten. Notwendig dafür ist, dass eine umfängliche Schnee­ oder Eisglätte vorliegt. Eine einzelne Glättestelle löst dagegen, wenn es ansonsten keine Anhaltspunkte für Schnee und Eis gibt, keine Streupflicht aus (Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Februar 2017, Az. VUI ZR 254/ 16). In dem hier entschiedenen Fall hatte der Räumpflichtige den Gehweg von Schnee und Eis befreit. Im Laufe des Tages waren, ohne dass es geschneit hatte, ein paar Glättestellen erneut aufgetreten. Hier fehlte es, so der Bundesgerichtshof, an ei­ ner erkennbaren Gefahr, da eigentlich ge­ räumt war. Einen 100­prozentigen Schutz wollte das Gericht hier nicht zusprechen, da sich auch Passanten und Kunden im Winter vorsichtig verhalten müssen.

Ähnlich verhält es sich bei den SB­Wasch­ boxen. Ist die Fläche geräumt und hat der Betreiber ein Auge auf die Fläche, kann er sich weitgehend entlasten. Einen derartigen Fall hat das Oberlandesgericht Hamm im Jahre 2014 entschieden. Die Verkehrssicherungspflicht bezieht sich auf die durch Regen oder Schnee zustande gekommenen Gefahren. Im vorliegenden Fall war die vereiste Stelle auf den Betrieb der SB­Waschplätze zurückzuführen.

Das Gericht war der Meinung, dass der Betreiber einer Waschbox nicht für jede Waschbox nach jeder Wäsche eine Pflicht zur Kontrolle möglicher Eisbildung trifft. Streuen mit Salz oder Granulat ist in einer Waschbox bei laufendem Betrieb nicht wirklich sinnvoll. Außerdem sei, so das Gericht, die Wäsche in einer Waschbox verhältnismäßig preiswert. Allein deswe­ gen könne der Kunde nicht erwarten, dass regelmäßig Personal vor Ort ist.

Zum Schluss hat das Gericht auch auf die eigene Verantwortung des Kunden hingewiesen. Jeder wisse, dass auf den Boden gespritztes Wasser bei winterlichen Temperaturen gefrieren kann. Darauf muss man sich einrichten, es ist nicht lebensfremd. Hierfür sind auch keine Warnhinweise notwendig. Das Oberlan­ desgericht hat der damals betroffenen Kundin keinen Anspruch auf Schadenser­ satz zugebilligt.

 

Diese Grundsätze sind auch bei der von Ihnen geschilderten Fallkonstellation zu beachten. Ganz ohne Kontrolle geht es nicht. Das wird im Zweifelsfalle auch Ihnen zum Nachteil vorgehalten. Ist es so kalt, dass eine permanente Eisfläche oder größere Eisfläche an der Stelle besteht, müssen Sie schon geeignete Maßnahmen bis hin zu einer Sperrung der Waschplätze einleiten. Aber sie dürfen auch auf den verständigen Kunden vertrauen. Sind, wie im entschiedenen Fall, nur vereiste Stellen rund um das Fahrzeug vorhanden, das der Kunde gerade wäscht, muss der Kunde selber damit rechnen, dass das von ihm genutzte Wasser frieren kann.“

(Oberlandesgericht Hamm, Az. 9 U 171/ 14)

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