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Ziegers Zeilen (KW 19)

Manchmal ist es gut, wenn man nachdenkt ...

Manchmal ist es auch gut, wenn man nachdenkt. Und spricht. Man macht das nicht so gerne. Nachdenken. Sprechen geht immer. Meine Lieblingsinterviews sind immer die mit den Trainern und Spielern nach Fußballspielen. Die schönsten kann man sich jeden Bundesligasonntag bei Arnd Zeigler ansehen. Eines sticht aber in dieser Woche hervor. Und das ist kein Fußballinterview.

Es ist ein Gespräch mit Ex-VW-Boss Herbert Diess. Er ist im ZDF zum Thema Elektromobilität und Verbrennerverbot und auch über die Krise im deutschen Automobilbau befragt worden. Diess hat die Wende Elektroauto auf den Weg gebracht. Heißt es. Er widerspricht jedenfalls nicht. Er gibt sich aber als Pragmatiker. Das Verbrenner-Aus sei die richtige Entscheidung. Mit einer Einschränkung: „Es ist doch eigentlich belanglos, ob der Verbrenner 2035, 38 oder 40 stirbt“, betont Diess. So großzügig kann er sein. Ist er aber nicht in allem. Gegenüber der Politik ist er unbarmherzig. Denn die hat alles falsch gemacht. Er weiß dass, weil er die Niederlande, Norwegen oder Dänemark mit Deutschland vergleicht. Diese Länder würden mit der passenden Unterstützung der Politik nämlich zeigen, wie es mit der E-Wende funktionieren könne.

In Dänemark gab es 2024 bei den Neuzulassungen über 50 % reine Elektroautos. Dieser Anteil hat etwas mit einem Steuerrabatt zu tun. Steueranreize. Er kommt zustande, weil E-Autos deutlich niedriger besteuert werden als die Verbrenner. Jedoch soll dieser Rabatt ab 2026 schrittweise abgeschafft werden. Von 2026 bis 2030 soll die Steuer auf E-Autos um acht Prozent jährlich und von 2031 bis 2035 um vier Prozent jährlich steigen.

In den Niederlanden hatte jedes dritte verkaufte Auto 2024 einen reinen Elektroantrieb an Bord. Konkret wurden laut offiziellen Zahlen der RAI Association, des Händlerverbands BOVAG und der Unternehmensberatung RDC in den vergangenen zwölf Monaten 132.166 neue Elektroautos registriert. Allerdings fallen diese Steueranreize 2025 fort.

Und zum Schluss Norwegen. Im Jahr 2024 konnte das Land, ...), seinen zuvor schon hohen E-Auto-Anteil bei den Neuzulassungen von 82,4 Prozent noch einmal erhöhen auf 88,9 Prozent. Aber Achtung. Schaut man sich die absoluten Zahlen an, ist Norwegen als Automarkt in Europa völlig unbedeutend; gerade einmal 129.000 Neuwagen wurden 2024 verkauft. Davon waren aber knapp 115.000 Elektroautos.

Wer mag, kann sich über die Verlinkungen die Länder anschauen. Der Anreiz erfolgt immer durch Steueranreize. In Norwegen speist sich der Reichtum des Staates aus den Einnahmen aus der Öl- und Gasindustrie. Geschenkt.

Wir wollen nämlich heute gar nicht so sehr über die Elektromobiliät reden heute. Eher über Herrn Diess und seine Sicht der Dinge. Und so zitiert ihn News38 so, wie er im ZDF-Beitrag klingt. Auf die Frage, ob die Politik rein die Schuld habe und nicht Hersteller wie VW es nicht verschlafen hätten , günstigere E-Autos früher auf den Markt zu bringen, antwortet Diess:. „Natürlich kann man immer sagen, ein günstigeres Auto kann man leichter verkaufen“, sagt Diess. „Aber die Marken kann man damit nicht verbessern. VW muss eben auch Gewinne erwirtschaften, damit das Unternehmen Zukunft hat und nicht nur fürs Volk produzieren.“ Die günstigeren E-Varianten kämen seiner Meinung nach früh genug.

Früher hatten Automobilhersteller Marketingabteilungen, die herausfinden wollten, was das Publikum für Autos wollte. Denn die sollten ja die Autos kaufen. Nicht die Politik. Das scheint old-fashioned zu sein. 

Wenn das Wort ja nicht im Markennamen stecken würde, würde es vielleicht ja nicht so auffallen. Aber Herbert Diess hat es tatsächlich gesagt. VW muss eben nicht nur für Volk produzieren. Ich glaube, früher musste Volkswagen das. Beim Golf haben sie gezeigt wie man das macht. Mit der Haltung verabschiedet man sich in die Nische, eben nicht auf den breiten Markt. Egal ob der jetzt elektrisch ist oder ein Verbrenner.

Uns scheint das ein bisschen arrogant zu sein. Fern vom Kunden. Aber vielleicht überzeugt uns ja jemand vom Gegenteil.

Schönen Sonntag noch,

 

Stephan Zieger

 

 

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