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Ziegers Zeilen (KW 24)

Woher wissen die das? Eine Meldung aus dem österreichischen „Standard“ beschäftige sich mit den Themen Klima, Elektromobilität und E-Fuels. Die Frage nach dem Wissensstand richtet sich jetzt nicht an die Journalisten. Die recherchieren, stellen Fragen und erhalten Antworten. Das ist gut und richtig.

Im „Standard“ war das Kernthema die Frage der klimaneutralen Mobilität in Österreich. Dabei ging es um das Ziel, die CO2-Emissionen im Verkehr erfolgreich zu reduzieren. Der ÖAMTC, das österreichische Gegenstück zum ADAC, forderte den großflächigen Einsatz von E-Fuels. „Bei gleichbleibendem Mobilitätsbedürfnis ist es völlig unrealistisch, die Klimaziele im Verkehr allein mit E-Mobility zu erreichen“, sagt Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. Momentan seien 5,2 Millionen Pkw in Österreich angemeldet. Der Autor des Beitrags stellt heraus, dass die österreichischen Zulassungszahlen bei den E-Autos nicht ausreichen. Weder die tatsächlichen noch die geplanten. Der Beitrag im „Standard“ weiter: „Um den CO2-Ausstoß bis 2030 zu halbieren, müssten über 2,5 Millionen E-Autos auf der Straße sein. Neu zugelassen würden jährlich 220.000 Autos. ‚Die Rechnung geht sich nicht einmal theoretisch aus‘, so Wiesinger.“

Damit wären eigentlich die E-Fuels im Spiel. Theoretisch. Wenn nicht Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, wäre. Der hat am 31. Mai dem „Standard“ ein Interview gegeben und eine seiner Aussagen wird im aktuellen Beitrag erneut wiedergegeben: „Das Argument mit den E-Fuels ist vollkommener Quatsch“, sagte er zum STANDARD. „Die E-Fuel-Story hat man nur aufgebaut, um das Verbrenner-Geschäft weiterlaufen zu lassen.“

Das ist wenig wissenschaftlich. Woher weiß er denn so etwas? An Fakten erinnert mich das jedenfalls nicht. In meiner Studentenzeit hätte ich so nicht arbeiten dürfen. Aber gut. Seine Studentenzeit liegt ja auch schon etwas her. In dem Interview vom 31. Mai lässt er sich am Ende auf das Thema des wissenschaftlichen Arbeitens ein. Seine Äußerung ist schon bemerkenswert: In der Wissenschaft sehen wir, dass die Lösungen für die Klimakrise klar auf dem Tisch liegen. Gleichzeitig geht die öffentliche Debatte durch falsche Fakten und Desinformation aber oft in die falsche Richtung. Die Wissenschaft muss versuchen, die Diskussion zu versachlichen. Wenn ich einen wissenschaftlichen Vortrag halte, hört aber kaum jemand zu. Deshalb muss man die Fakten eben so verpacken, dass sie viele Menschen erreichen. Naja. Aber in seiner zitierten Äußerung waren ja noch nicht einmal Fakten drin. Das erinnerte eher schon an eine Verschwörungstheorie.

Vielleicht setzt sich Prof. Quaschning ja einmal mit dem im „Standard“ zitierten Wissenschaftler von der Universität Graz auseinander. „Um die Energiewende zu schaffen, sind drei Maßnahmen notwendig: Energie sparen, grünen Strom ausbauen und grüne speicherbare Energieträger generieren“, sagt Georg Brasseur. E-Fuels sieht er als eine mögliche Lösung für lang- und kurzfristigen Speichermedien. Georg Brasseur ist auch Professor. Emeritiert zwar, aber das tut der Wissenschaftlichkeit keinen Abbruch. Er begründet wissenschaftlich. Und er muss ja nicht recht haben. Aber er könnte richtig liegen. Er benutzt Fakten. Vielleicht kann man die ja mal bewerten und nicht in der oben zitierten Art und Weise vom Tisch wischen. Die Leute sind bereit, sich auch mit klugen Argumenten auseinander zu setzen.

Ihr

Stephan Zieger

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