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Ziegers Zeilen (KW 38)

Von einem der unfehlbar ist und dafür keine Argument benötigt 

Verbrenner ohne Zukunft? „Im Pkw-Bereich geht es voll in Richtung BEV“. Dieser Satz steht so in vielen Zeitungen. Mal mit Fragezeichen und mal ohne oder sogar mit Ausrufezeichen. Diese Fragestellung ist in aller Munde. Aufmerken ließ jetzt ein Beitrag aus dem Münchener Merkur, in dem einmal wieder Ferdinand Dudenhöffer sich damit erneut ins Gespräch bringt. Da es sich bei Ferdinand Dudenhöffer wohl um nach Eigenwahrnehmung Deutschlands wichtigsten Autoexperten handelt, wollen wir doch mal hinschauen, was Dudenhöffer genau sagt.

Die Fragestellung des Münchener Merkurs war folgende: „Liegen jene Experten richtig, die auch Antriebsformen wie moderne Verbrennungsmotoren, synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoff vorantreiben wollen, oder ist dies für die hiesige Autoindustrie eine folgenschwere Fehlentscheidung?“

Ein gefundenes Fressen für den Autoexperten. Finden wir auch. Deswegen waren wir auch gespannt auf diesen Beitrag. Unsere Bewertung nehmen wir einfach mal vorweg. Den Beitrag hätte man sich sparen können. Keine Sachkunde, sondern leider nur Polemik, und die noch nicht einmal gut. Das Interview offensichtlich kurz vor dem Mittagsessen mit einem hungrigen Professor geführt. Früher war der Professor auch bei Polemik schon einmal besser. Dieses mal nicht. Treffender sagen es Fußballer über einen Verteidiger einer schlechten Kreisligafußballmannschaft. Erst den Mann und dann den Ball.

Zurück zum Beitrag. Bei der ersten Frage erkennt man noch den alten Experten. Den Autopapst. Auf die Frage ob die Diskussion technologieoffen geführt würde beschied er den Fragesteller damit, dass diese Diskussion schon längst so geführt werde. Niemand verwehre BMW die Rückkehr in die Reihen der E-Autobefürworter. „Für Autobauer wie BMW ist es wichtig, dass der Weg zum batterieelektrischen Auto offen ist - und nicht dadurch versperrt wird, dass man jetzt den Verbrenner wieder gesund betet.“ Leider bleibt es nicht bei solchen Intellektuellen Glanzleistungen. Die Debatten selber nennt er einen Streit um des Kaisers Bart. Naja, und wahrscheinlich liegt er damit nicht ganz daneben. Der letzte Kaiser, den wir in Deutschland hatten, war der Ansicht, dass das Auto nur eine kurzzeitige Erscheinung sei. Ob dieses Zitat authentisch ist, darüber gibt es geteilte Ansichten. Aber eine derart weitreichende Debatte um Deutschlands Schlüsselindustrie als einen Streit um des Kaisers Bart abzutun ist vorsichtig formuliert, schlicht verfehlt. Das kann man besser.

Dudenhöffer ist der Ansicht, die Debatte um Technologie-Offenheit schade dem Hochlauf der E-Mobilität. Das klingt gut. Auf den ersten Blick. Genauso könnte man auch sagen, Bayern München sei in der letzten Saison nur deswegen nicht Deutscher Meister geworden, weil das zu offen diskutiert worden sei. Hier ist wohl zu offensichtlich der Papst in Dudenhöffer losgegangen. Denn der darf offensichtlich Dinge „ex cathedra“, also unfehlbar ohne Diskussion entscheiden. Aber nur in Glaubensfragen. Selbst bei der Frage nach anderen Dingen verschwindet diese Unfehlbarkeit sofort. Und die Frage der Antriebsart ist keine Glaubensfrage, sondern eine rein Wissenschaftliche. Nämlich die Frage nach der Klimaneutralität. Und solche Fragen gehören schon öffentlich diskutiert. Weil sie uns alle angehen.

Woher Dudenhöffer kommt, wird dann in einer weiteren Antwort deutlich. Befragt, ob das Thema der Stromversorgung von Elektroladeinfrastruktur für den Schwerverkehr relevant sei äußert er wörtlich: „Bei derartigen Bekundungen handelt es sich um reine Polemik. Das kommt womöglich von Verbänden, bei dem die Leute alle mit Diesel-Lkw durch die Gegend fahren und auch dabei bleiben wollen. Die Umwelt interessiert sie dabei überhaupt nicht.“ Die stark mittelständische Transportbranche ist gebeutelt wie keine andere. Sie soll nachhaltige Transporte möglichst klimaneutral und dabei auch extrem kostengünstig auf den Weg bringen. Das ist in der Tat professorale Attitüde. Genau wie die Antwort zum Thema Debattenkultur. 

Und der letzte Satz in dieser Antwort offenbart noch mehr. „Die Umwelt interessiert sie dabei überhaupt nicht.“ In der Debatte um das Verbrennerverbot geht es nicht um die Umwelt. Zuvörderst jedenfalls nicht. Es geht das Klima. Es geht um die Reduktion der Emission von Treibhausgasen. Hallo, Herr Professor. Hier könnten wir schon eine Lösung bieten. Jedenfalls für die, die mit dem Diesel-LKW durch die Gegend fahren. HVO, den Klimadiesel. Da geht schon was fürs Klima. Auch für den geplagten mittelständischen Transportunternehmer. 

Insgesamt gesehen, ein interessanter Beitrag. Er offenbart eine recht intolerante Geisteshaltung. Wir hoffen, dass vor dem Autogipfel im Wirtschaftsministerium mehr Technologieoffenheit herrscht. Das ist bitter nötig. Fürs Klima und für de deutsche Automobilwirtschaft.

 

 

Schönen Sonntag noch

 

 

Stephan Zieger

 

 

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