bft-Positionen zur Bundestagswahl 2021

Der Bundesverband Freier Tankstellen (bft) ist die Interessenvertretung der konzernunabhängigen Tankstellen und Mineralölhandelsbetriebe in Deutschland. Die mittelständischen Firmen sehen sich als wichtiges marktwirtschaftliches Element im von großen internationalen Firmen dominierten Kraftstoffmarkt. Der bft bekennt sich zu einer nachhaltigen Klimapolitik. Zur Bundestagswahl 2021 formuliert der Verband die nachfolgenden Positionen:

1.    Den Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen vorantreiben
Die Verkehrswende kann nur dann erfolgreich vorangetrieben werden, wenn sie frei von Ideologien technologieoffen betrieben wird.
Wir benötigen für Individual- und Schwerlastverkehr neben batterieelektrischer Mobilität auch den Einsatz von E-Fuels. Für deren Markthochlauf müssen die europäischen und deutschen Rahmenbedingungen dringend geschaffen werden. Die Umsetzung der Erneuerbare Energien-Richtlinie RED II muss entsprechend fortentwickelt werden. So fehlt es immer noch an einer Unterquote für E-Fuels oder der Möglichkeit des Verkaufs von paraffinischen Kraftstoffen bis hin zur Reinform. Ferner müssen E-Fuels im Rahmen der EU-Flottengrenzwerte anrechenbar gemacht werden. Ein Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen ist schon deswegen notwendig, weil eine Defossilisierung des Flugverkehrs nicht ohne E-Fuels stattfinden kann.
Eine reine Bewertung der Wirkungsgradverluste bei der Herstellung von synthetischen Kraftstoffen in der politischen Debatte kann nicht überzeugen, weil Deutschland seinen Energiebedarf auch künftig durch Importe decken muss. Um die Erderwärmung als globales Phänomen einzudämmen, ist ein internationaler Lösungsansatz notwendig. Die Eigenschaften von E-Fuels, wie deren hohe Energiedichte, die Transportierbarkeit sowie deren Beimischfähigkeit, werden zur Defossilisierung des globalen Fahrzeugbestands benötigt.
Wir fordern eine neue Bundesregierung auf, sich auch in Europa dafür stark zu machen, nicht zuletzt, um den Industrie- und Innovationsstandort Deutschland zu sichern.

2.    Die richtigen Weichen für den Energiemix der Zukunft stellen
Das Erreichen der definierten CO2-Ziele und der in Deutschland angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2045 erfordert, dass alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen werden, den CO2-Ausstoß künftig zu reduzieren. Dazu gehört auch die Anhebung der Beimischgrenzen für Biokraftstoffe bei Diesel- und Ottokraftstoffen. Ferner plädieren wir für einen Verzicht auf E5 zugunsten von E10. Berechnungen zufolge könnte dies einen Einspareffekt von mehr als vier Millionen Tonnen CO2 ausmachen. Für Fahrzeuge, die kein E10 vertragen, kann Super Plus diese Lücke ausfüllen. CO2-arme fossile gasförmige Kraftstoffe (CNG/LNG/LPG) sind als Brückentechnologien unverzichtbar. Sie sollten damit über das Jahr 2022 hinaus bis 2026 als Erfüllungsoption zur Einhaltung der Treibhausgasquote verlängert werden.

3.    Wasserstoffwirtschaft weiterentwickeln und Investitionsrahmen sicherstellen
Als freie Tankstellen verstehen wir uns als Mobilitätsanbieter der Zukunft und befürworten einen nachhaltigen Energiemix. Im Wege eines technologieoffenen Ansatzes sollte die Bundesregierung die Tankinfrastruktur für Pkw und Lkw durch weitere Förderung ausbauen. Die Reduzierung der Emissionen der energieintensiven Industrie wird nicht ohne Wasserstoff auskommen. Deshalb sprechen wir uns für einen geeigneten Investitionsrahmen für grünen Wasserstoff aus. Auch hier muss auf dem Weg zur Klimaneutralität unbedingt Investitions- und Planungssicherheit für Unternehmen sichergestellt werden.

4.    Elektromobilität zielführend fördern
Wir sind sicher, dass der Energiemix der Zukunft nicht ohne Elektromobilität auskommen wird. Wir wollen als konzernunabhängige, freie Tankstellen unseren Beitrag dazu leisten. Derzeit wird die batterieelektrische Mobilität sowohl auf der Seite der Ladeinfrastruktur als auch auf der Seite der Fahrzeuge stark gefördert. Wir benötigen für die Investitionen auf Seiten der Ladeinfrastruktur einen verlässlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu Fördermitteln. Denn mittelständische Unternehmen verlieren ihre Förderzusagen allzu oft, weil sie den erforderlichen Strom beziehungsweise die Anschlüsse nicht ans Grundstück bekommen oder weil sich eventuelle Baugenehmigungsverfahren zu lange hinziehen. Ohne die Tankstellen im Allgemeinen und dazu speziell die Tankstellen der mittelständischen Betreiber wird es keinen erfolgreichen Aufbau einer bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur geben. Der Kunde kennt die Tankstelle und sucht dort nach Lademöglichkeiten. Damit der Mittelstand tatsächlich daran teilhaben kann, sollten Fördermittel zielführender ausgestaltet werden. Die Förderrichtlinie „Ladeinfrastruktur vor Ort“ geht dabei in die richtige Richtung. Wünschenswert wäre vor allem eine hundertprozentige Förderung der Anschlusskosten sowie vereinfachte, beschleunigte Baugenehmigungsverfahren.

5.    Klimapolitik zum Wachstumsmotor machen und erneuerbare Energien ausbauen
Grünstrom stellt die Grundlage für Klimaschutz dar. Um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und den steigenden Energiebedarf zu decken, wird ein Vielfaches an erneuerbarem Strom sowie dessen Speichermöglichkeit notwendig. Gleichzeitig muss Grünstrom bezahlbar bleiben. Die bestehende Regulatorik der Abgaben und Umlagen bedarf dazu einer umfassenden Erneuerung.

6.    Den Mittelstand durch Bürokratieabbau stärken und Verhältnismäßigkeit im Blick halten
Die zunehmende Regulierungsdichte, auch von Seiten der EU, führt immer häufiger zu einer Überforderung kleiner und mittlerer Unternehmen. Dies zeigte sich in der aktuellen Legislaturperiode vor allem im Bereich des Zahlungsverkehrs. Die Novellierung der Zahlungsdiensterichtlinie und die EU Retail Payments Strategy sind hierfür Beispiele. An vielen Stellen fehlen vereinfachte Verfahren, die die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Wettbewerb halten oder vor Wettbewerbsbenachteiligung schützen. Durch eine schlichte Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes könnten Überregulierungen korrigiert und somit Chancengleichheit wieder hergestellt werden. Doch dieser wird vielfach nicht von der Exekutive beachtet, obwohl mildere Mittel bei gleichem Grad der Zielerreichung existent sind.
Vereinfachte und beschleunigte Genehmigungsverfahren, die modern und rechtssicher sind, würden dem Mittelstand die Beantragung von Fördermitteln vereinfachen und einen angemessenen Beitrag zur Digitalisierung leisten.

7.    Lösungen im europäischen Verbund umsetzen
Wir plädieren insbesondere im Bereich der CO2-Bepreisung für einen gesamteuropäischen Ansatz. Da Deutschland von acht weiteren EU-Staaten und der Schweiz umgeben ist, darf es in der Energie- und Steuerpolitik und insbesondere bei der CO2-Bepreisung keine nationalen Insellösungen geben. Denn dadurch kommt es lediglich zu einer Verlagerung der Kraftstoffumsätze in die Nachbarländer und einer Verbesserung der nationalen CO2-Bilanz, nicht aber zu einer Reduzierung der Emissionen.

Die Standpunkte wurden von Sarah Schmitt und Stephan Zieger in Abstimmung mit dem bft-Vorstand erarbeitet.

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